Bedingungsloses Grundeinkommen- kann das gehen?

Katja Kipping (Die LINKE) spricht in ihrem Vorwort zur Publikation „Grundeinkommen“ (Blaschke/Otto/Schepers) davon, wir wollen  „die Verhältnisse zum Tanzen bringen –
nicht nur in Europa“. Was können wir darunter verstehen? Als „gelernter DDR-Bürger“ wird hier für mich die nächste Weltrevolution ausgerufen. Unklar bleibt dabei die Bedeutung des Begriffes „Tanzen“. Meint sie das Tanzen eines Bärens am Gängelband, das Tanzen auf dem heißen Sand oder das fröhliche, unbekümmerte Tanzen auf der Party? Und was deuten wir aus „nicht nur in Europa“, soll die Welt am deutschen oder westeuropäischen Wesen ein weiteres Mal genesen? Unterstellen wir ihr mal, sie will uns nicht mit Gewehrsalven aus der AK 47 zum „Tanzen“ antreiben.

1.000 € netto pro Monat und Person- verlockende Vorstellung

Die verschiedenen Modelle des bedingungslosen oder partiellen Grundeinkommens, die durch die Welt geistern, haben im Wesentlichen einen Kern: Jeder von uns bekommt ca. 1.000 € monatlich überwiesen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen, einzige Voraussetzung ist die menschliche Existenz. Eine schöne Vorstellung, wäre da nicht die sich aufdrängende und trotzdem krampfhaft verdrängte Frage: Woher kommt das Geld?  Kein Problem, antworten dann die LINKEN aber auch die Piraten, das Geld ist doch da, es muss nur anders verteilt werden. Mathematisch lässt sich heute in der BRD ermitteln, wenn alle Sozialleistungen zusammengenommen und dann durch die Bevölkerungszahl geteilt werden in etwa der in Rede stehenden Betrag von 700 bis 1.000 € ergibt. Prima sagen die Befürworter, dann ist doch das Grundeinkommen schon finanziert, das Geld wird nur anders verteilt und wir sparen zusätzlich noch Verwaltungsbürokratie.

Solche Rechnungen werden aber zu Recht den Milchmädchen oder Lischen Müller (das soll keine Diskriminierung des weiblichen Geschlechts sein) zugeschrieben. Was wird nämlich bei dieser Rechnung vergessen? Damit wir als Gesellschaft diese Sozialleistungen von durchschnittlich 700 bis 1.000 € erwirtschaften, müssen alle Arbeitnehmer, Unternehmen, Kapitalanleger, Vermieter usw. ab dem ersten € ihres Einkommens (Bruttoverdienst) arbeiten, mehr oder weniger Ertrag dabei erwirtschaften und je nach Leistungskraft mehr oder weniger Steuern und Abgaben an den Staat bzw. die Sozialsysteme zahlen. Diese Überschüsse (aktuell mehr als 500 Milliarden im Jahr) werden dann hinreichend gerecht an die jeweils Bedürftigen umverteilt. Ganz nebenbei versorgen wir damit einen riesigen, nicht wertschöpfenden Verwaltungsapparat mit.

So stellen sich die Christen das Paradies vor

Wenn wir die theoretischen Überlegungen all der Grundeinkommens-Anhänger mal einer differenzierten Betrachtung unterwerfen, werden wir auf weitreichende Unschlüssigkeiten kommen. Wenn denn jeder erst ab 1.000 € Nettoeinkommen seinen Lebensunterhalt selbst verdienen muss, wird eine Familie mit zwei Kleinkindern sich eventuell sagen, mit 4.000 € netto im Monat können wir uns intensiv um die Betreuung und Erziehung unserer Kinder kümmern. Ideale Bedingungen für die Kinder und im Grundsatz auch wünschenswert, nur fehlen uns die zwei Eltern zur Erwirtschaftung der 4.000 € Grundeinkommen. Nehmen wir ein anderes Beispiel. Der Hausarzt mit geschätzten 4.000 € Nettoeinkommen spielt dann lieber anderthalb Wochen im Monat Golf, statt für 9,20 € Hausbesuchspauschale eine gehbehinderte alte Dame im Nachbardorf zu behandeln. Oder betrachten wir den Mitarbeiter der Stadtwerke mit vielleicht 2.000 € netto, der wird sich sicher auch die Hälfte des Monats anderweitig die Zeit vertreiben können, als sicherzustellen, dass Haushalte und Unternehmen sicher mit Strom und Gas versorgt werden. Ich könnte die Beispiele noch lange fortführen, zwangsläufig kommen wir immer zum Ergebnis, alle notwendigen und liebgewordenen Waren und Dienstleistungen würden zur totalen Mangelware und gesellschaftliche Wertschöpfung wäre nicht ausreichend vorhanden, um die bedingungslosen Einkommen zu bezahlen.

Allen lohnenswerten Überlegungen der Teilhabe müssen eben intensive und erfolgreiche Überlegungen und Leistungen des Beisteuerns, Erwirtschaftens, oder wie immer man es nennen will, vorausgehen. Das dies nicht immer der Fall ist, zeigt die Gesamtverschuldung von Deutschland mit über 2 Billionen oder über 2.000 Milliarden oder über 2.000.000 Millionen € bzw. pro Einwohner ca. 25.000 €.

Warum fordern die LINKEN dann so vehement ein so aussichtloses, weil unrealistisches Projekt? Ich kann nur spekulieren, aber wenn man sich eben ein politisches Alleinstellungsmerkmal in der Opposition (wo man ja nicht in der Gefahr steht, es auch umsetzen zu müssen) sucht, greift man eben angesicht drohender 5%-Hürde nach solchen Strohhalmen.

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