Kürzlich erlebte ich im Stadtrat eine gespenstische Debatte. Es ging um das Phantom „Bürgerhaushalt“ für Zella-Mehlis. Ich fange mal mit dem Fazit aller Fraktionen an: Wir wollen alle einen Bürgerhaushalt! Damit sind aber die Gemeinsamkeiten auch schon erschöpft, denn es stellte sich in der Debatte heraus, dass jeder etwas anderes darunter versteht und die Fraktionen sich dann auch nicht auf eine Begriffsdefinition einigen konnten. Die SPD stellte den Antrag, die anstehenden Haushaltsberatungen in den Ausschüssen nicht mehr geheim sprich nichtöffentlich durchzuführen. Diese Nichtöffentlichkeit vieler Ausschusssitzungen entspricht zwar formell der Geschäftsordnung des Stadtrates, diese steht aber den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzipes der Thür. Kommunalordnung entgegen und ist damit juristisch wirkungslos. Dies wollte aber die Mehrheit aus Freien Wählern und LINKEN nicht. Vielmehr verwiesen die Freien Wähler und auch König Richard (gemeint ist Bürgermeister Richard Rossel) in ihrer gewohnt selbstbewußten Art darauf hin, dass König Richard ja einen „Bürgerhaushalt“ in seinem Wahlprogramm stehen habe und man deshalb jetzt keinen Beschluss des Stadtrates dazu brauche (gelegentlich muss mir König Richard mal erklären, wie man „Wahlversprechen“ kommunalrechtlich einordnet, ist es ein Gesetz, eine Verordnung oder oder eine „königliche“ Verlautbarung).
Da man einen „Bürgerhaushalt“ nach dem Muster der Bertelsman-Stiftung erstellen wolle, so Richard I., müsse man im März damit beginnen für das kommende Jahr die Bürger nach ihren Wünschen zu befragen. Deshalb sei es für 2013 zu spät für ein solches Verfahren. Im Übrigen können die Bürger sowieso nur über die sg. freien Mittel des Vermögenshaushaltes mitreden.
Ich fasse mal zusammen: Die Fraktionen der Freien Wähler und der LINKEN wollen wollen den gemeinen Bürger mit einem kleinen Feigenblatt abspeisen, was sich König Richard ins Wahlprogramm geschrieben hat, die SPD möchte unabhängig davon den Bürger gesetzeskonform die Möglichkeit der Information und ggf. der Meinungsäußerung gegenüber den Stadträten geben und die CDU hat sich noch nicht ganz präzise geäußert, unterstützt aber tendenziell die Haltung der SPD.
Soviel zu den Fakten: Jetzt kommt die Abteilung Propaganda der LINKEN, indem Fraktionschef Köhler der SPD Unkenntnis über „den Bürgerhaushalt“ vorwirft und versucht die bewußte Täuschung der Bürger und den rechtswidrigen Umgang mit der Kommunalordnung zu kaschieren.
Der Antrag der SPD war eben nicht überflüssig, wie Köhler behauptet, sondern er war sehr wichtig, weil er die Haltung zu demokratischen Grundprinzipien der Fraktionen und Personen deutlich gemacht hat. Ich finde es einen konsequenten Schritt der SPD-Fraktion, die Haushaltsberatungen mit ihren Mitteln, wie angekündigt, öffentlicher zu machen. Zu begrüßen wäre, wenn die CDU sich anschließt und es eine gemeinsame Veranstaltung wird.
St. Blasii wird das Phantom „Bürgerhaushalt“ weiter beobachten und als Außenstehender und gleichzeitig betroffener Bürger die weiteren Entwicklungen kundtun. Natürlich nicht ohne den gebührenden Respekt vor König Richard I. und seinem Hofstaat.
Freies Wort vom 04.08.2012 fw_linke_sind_verwundert_ueber_spd-fraktion_2012-08-04